Das Aroma des Glücks

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TEXT Eva Adler

Der intensive Duft von Orangen, erstklassige Produkte, bestes Handwerk: ein Besuch in der Obstbrennerei von Katharina Zott (vier Gläser schwarz). Eva Adler, Leiterin der Gault&Millau-Spirituosenverkostung, ist schwer beeindruckt und wird sogar einem Prinzip untreu.

Beim Betreten der kleinen Brennerei von Katharina Zott in Ustersbach bei Augsburg schlägt uns sofort ein intensives Orangen-Aroma entgegen. Wir sehen uns um. Da ist der Verkaufsraum mit einer kleinen Brennblase und einigen Steigen Obst vom benachbarten Obsthof ihres Bruders, das hier auch zum Verkauf angeboten wird. So richtig zuordnen können wir das Orangen-Aroma auf den ersten Blick nicht. Darauf angesprochen lacht Katharina Zott, Inhaberin der Brennerei, Brennmeisterin, Önologin, promoviert. Sie führt uns in einen Nebenraum. Hier lagern Feinbrände bis zu ihrer Abfüllung in großen Steingut-Gefäßen. Immer noch keine Spur von den Orangen. Wir gehen ein paar Schritte weiter und stehen in einer Szenerie, die ich nur als „Brennerei-Romantik“ beschreiben kann. Eine große Brennblase links, vor uns viele Steigen mit frischen sizilianischen Blutorangen. Und daneben ein Stuhlkreis. Einige Familienangehörige von Katharina Zott sitzen hier und schälen eben jene Orangen – in ganz dünne Streifen, mit routinierten Handgriffen, bestens gelaunt. Über drei Tonnen Orangen werden so in den nächsten eineinhalb Tagen für den Geist-Ansatz vorbereitet.

Die Chefin kennt die Herkunft von jedem einzelnen Fass

Bringen wir also etwas Licht in das „Geheimnis“ der Brände von Katharina Zott. Was macht sie so besonders? Die Antwort ist so einfach wie kompliziert: ein kompromissloses Streben nach Qualität und Individualität. Katharina Zott weiß bei jedem ihrer 80 Produkte, woher die Zutaten kommen. Wenn sie nicht vom Obsthof des Bruders und den umliegenden Feldern stammen, werden sie über befreundete Erzeuger bezogen. Die Herkunft ist immer geklärt. Sie ist bei jedem wichtigen Arbeitsschritt in der Brennerei vor Ort – Handarbeit vom ersten bis zum letzten Schritt. Kein zugesetzter Zucker bei den Bränden, keine künstlichen Aromastoffe, keine nachträgliche Schönung. Die Zott-Brände zeigen die pure Frucht – zum Teil mit Jahrgangs-Stilistik wie beim echten Himbeerbrand, der in Kleinstmengen hergestellt wird und eine absolute Spezialität des Hauses ist.

Vorgefertigte Rezepte gibt es nicht

Das nur zur Info: Aus 130 Kilo frischen Himbeeren werden am Ende nicht viel mehr als zwei Liter reiner Himbeerbrand. Es gibt im Hause Zott keine vorgefertigten Rezepte; je nach Jahrgang, nach Fruchtqualität, nach Erntemengen passt Katharina Zott ihre Rezepte an und ändert, was für die bestmögliche Qualität geändert werden muss.

Am Ende unseres Besuchs gilt es dann ein echtes Luxusproblem zu lösen. Denn in dieser Branche steht man bei Exkursionen zu Betrieben meist vor der Frage: Kaufe ich etwas? Und wenn ja, wie viel? Die Hausbar und der Weinkeller platzen nämlich bereits jetzt aus allen Nähten… Also habe ich mit mir selbst einen Deal ausgemacht: Bei diesen Besuchen kaufe ich nur ein Produkt. Ohne mit mir selbst zu diskutieren. Ohne Ausnahme. Normalerweise. Bei der Destillerie von Katharina Zott muss ich eine (also genau genommen einige) Ausnahmen machen. Es geht einfach nicht anders.

Eva Adler, Leiterin Gault&Millau Spirituosenverkostung
Nach einem Ausflug in die Welt der Betriebswirtschaft folgte Eva Adler ihrer Leidenschaft für den Wein und die Spirituose und wurde – nach einer Ausbildung im Wein- und Spirituosenhandel – Sommelière. Für den manchmal notwendigen Perspektivwechsel studiert sie nebenbei Kulturwissenschaften. Heute leitet sie die Gault&Millau Spirituosenverkostung. „Wir legen bei unserer Spirituosenverkostung die gleichen strengen Maßstäbe an wie beim Wein. Konsequente Blindverkostung in Panels von mindestens drei versierten Verkosterinnen und Verkostern, Einteilung der Spirituosen in sinnige und stimmige Flights, Diskussion der Produkte im Panel, neutrale Bewertung der angestellten Produkte und vor allem: Respekt für das Produkt und die Erzeugerinnen und Erzeuger dahinter. Wir denken, dass die Spirituose vor allem eines verdient hat: mehr ernsthafte Aufmerksamkeit.“

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