Traumziel für Foodies: San Sebastian

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TEXT Otto Geisel | FOTO Philipp Horak

Europas Kulturhauptstadt von 2016 ist die Genussmetropole 2023 – San Sebastian ist ein Fest der Sinne mit Stadtstrand, liebenswürdiger wie lebensfreudiger Altstadt und mit der unschlagbaren Balance aus Hochküche und Pintxos. Eine Liebeserklärung von Otto Geisel.

Diese unmittelbare Freude an den besten Produkten, vor allem aus dem Golf von Biskaya, die hier allenthalben zu spüren ist, war wohl der Nährboden für das überwältigende Angebot an Top-Res- taurants. Diese ikonischen Adressen, wie das Akelarre oder das Mugaritz mit dem feinsinnigen Chef-Patron Andoni Luis Aduriz, einem Weggefährten von Ferran Adria, die immer eigenständige Kochkunst von Elena und Juan Mari Arzak oder von Martin Berasategui ziehen Jahr für Jahr – neben vielen kulturellen Events – Abertausende wahrhaftige Genießer aus der ganzen Welt an die Concha von San Sebastian, in der aufgrund des milden Golfstroms auch Winterbaden ein tägliches Vergnügen der Einheimischen ist.

Mit dem Rauschen der Meeresbrandung inklusive logiert man bestens im kürzlich renovierten Hotel de Londres & Inglaterra mit schöner Bar inmitten der Bucht. Gleich neben diesem Hotel befindet sich etwas versteckt im Souterrain das aufstrebende Restaurant Amelia mit offener Küche und profundem Sommelier-Service. Das Menü ist ein Feuerwerk an ungemein subtil zubereiteten Kreationen, allesamt mit höchst ästhetischem Anspruch, aber niemals optisch verwirrend, sondern immer klar zu erkennen, was gerade aufgetischt wird, angerichtet. Als Wine-Pairing werden dazu fünf bis sieben kongenial stimmige Champagner angeboten, Genießerherz was willst Du mehr?

Wen wundert es, dass in diesem lustvollen Umfeld auch die vielleicht weltbeste Weinkarte in einem eleganten und wohltuend schlichtem Restaurant mit schöner Terrasse über San Sebastian zu finden ist.

Im Rekondo dreht sich alles um gereifte große Weine aus zwanzig der berühmtesten Weinbauregionen der Welt, mit einigen Schwerpunkten auf die am nächsten liegenden Kulturstätten von Rioja und Bordeaux.

Den Grundstein für diese Sammlung, die oft von einem Wein, oder einer bestimmten Lage meh- rere Jahrzehnte abbildet und jeden Erstbesucher bei öffnen des Kellerbuches erst einmal minutenlang andachtsvoll schweigen lässt, schaffte die Sammelleidenschadt von Txomin Rekondo, dessen Tochter Lourdes dieses Erbe als Auftrag zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Sammlung versteht.

Viele Weine sind so alt, dass der Korken ohne Schaden zu nehmen nicht aus der Flasche zu entfer- nen wäre und deshalb der Flaschenhals gekonnt mit einer glühenden Spezialzange vor dem Dekantieren abgebrochen wird. Die Küche von Chef Inaki Arrieta in diesem sympathischen, komplett unprätentiösen und stets gut besuchten Restaurant ist glasklar klassisch und absolut schnörkellos konzipiert. Neben einer großen Auswahl vom Besten was der Golf von Biskaya, wie eine herrlich puristisch gedämpfte Languste zu bieten hat, genießt man hier auch bestes Wild, Geflügel oder perfekt zu bereitetes Spanferkel.

Unweit von San Sebastian, einige Kilometer an der Küste entlang, gelangt man nach Getaria, wo mit Blick auf den Atlantik der leicht salzige Kultweisswein Txakoli gedeiht und in den Bars von San Sebastian aus großer Höhe schäumend in die Weinbecher geschenkt wird. Kultweisswein. Auch wurde ein gewisser Juan Sebastian Elcano in Getaria geboren, er vollendete 1522 die von Ferdinand Magellan begonnene Weltumseglung und ist heute Namenspate des für seinen Steinbutt vom Holzgrill berühmten Restaurants Elkano. Der heutige Patron Aitor Arregi arbeitet ganz im Selbstverständnis seines Vaters Pedro „das Geheimnis liegt darin gut zu kaufen und nichts zu verderben!“

Dieser Lehrsatz erklärt die Hingabe und Ehrfurcht, die man unmittelbar erfährt wenn Aitor einen ganzen Steinbutt zerlegt und diesen eben nicht nur in die vier Filets zerlegt, sondern dabei ebenso dem Kopf, den Flossen und dem „Bart“ allergrößte Aufmerksamkeit schenkt und dem Gast ein ganz neues Fisch-Erlebnis im Sinne von „nose to tail“ erschließt. Selbstredend, dass so ein Kunstwerk der Natur nicht mit einer mächtigen Sauce zugedeckt, sondern von einer sanften Emulsion aus dem fischeigenen Kolla- gen und dem Elkano eigenen „Aqua de Lourdes“ untermalt wird. Im Frühjahr bis Juni wenn der Golf voll mit Anchovis ist und die Butte sich damit kugelrund gefressen haben, schmeckt dieser edle Fisch nach Einschätzung von Aitor am besten.

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