„Lokale Zutaten dürfen keine Entschuldigung für ein schlecht schmeckendes Produkt sein“

Die besten Erzeuger Deutschlands: Kilian & Close

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TEXT Nick Pulina | FOTOS Kilian & Close

Einen guten Wein kann man vom Rebstock bis zur Flasche verfolgen, einen guten Whisky vom Feld über das Fass bis ins Glas, und auch hochwertige Öle werden durch klare Herkunftsangaben geadelt. Doch selbst passionierte Genießer und Genießerinnen schauen bei manchen Produkten nicht so genau hin. So auch bei der Schokolade, deren Herkunft eine viel größere Rolle spielt, als man zunächst denken mag. Mithilfe des so genannten Bean-to-Bar-Konzepts, wörtlich übersetzt „Bohne-zur-Tafel“, ist ein Trend aufgekommen, genau diese herauszustellen. Ihm widmen sich auch Iveta Kilianova und Ciarán Seán Close, die in Waren an der Müritz hochwertige Schokoladen aus ganz besonderen Zutaten produzieren. Für uns gehört ihr Betrieb Kilian & Close zu den besten Erzeugern Deutschlands.

Würde man eine Umfrage starten, wo genussbegeisterte Kund:innen am ehesten mit einer solchen hochwertigen Schokoladenmanufaktur rechnen würden, tauchte die Region der mecklenburg-vorpommerschen Müritz wahrscheinlich nicht einmal in den Top 50 auf. Hier, am Nordufer vom größten vollständig in Deutschland liegenden See, genauer gesagt im 20.000-Einwohner-Städtchen Waren, haben sich Kilianova und Close, oder kurz Kilian & Close, eingerichtet. Als sie ihren Betrieb im Jahr 2014 gegründet haben, war ihr Stammsitz noch in Rostock verortet. Die romantische Kleinstadt und die idyllische Natur der Müritz hatten es ihnen jedoch bald so sehr angetan, dass sie über einen Saisonbetrieb nachdachten. „Das wäre aber für zwei Nicht-Autofahrer wie uns nicht möglich gewesen, schon gar nicht mit den ganzen Maschinen. Inzwischen haben wir uns hier richtig eingelebt und möchten auch gar nicht mehr weg.“

Mittlerweile ist Kilian & Close aus der Welt deutscher Edelschokoladen nicht mehr wegzudenken. Zahlreiche Preise und Ehrungen unterstreichen ihr Wirken. Sowohl von der Academy of Chocolate als auch bei den International Chocolate Awards wurde ihre Produkte bereits mit Ehrungen in Bronze, Silber und Gold bedacht. Dass die beiden reine Autodidakten sind, fällt längst nicht mehr auf. „Sowohl mein Mann als auch ich sind eigentlich BWLer“, sagt Kilianova mit einem Schmunzeln. „Ich habe irgendwann begonnen, mich mit Ernährungskonzepten wie Ayurveda und eben auch mit Lebensmitteln als solchen zu beschäftigen. Da habe ich meinen Mann so ein bisschen mitgezogen. Und der Kakao hat uns nicht mehr losgelassen. Die Ausbildung als Chocolatier ist in Deutschland ja nur im Rahmen der Konditoreiausbildung möglich, deswegen haben wir uns das nötige Wissen und die Techniken selbst angeeignet.“

Und auch wenn sie sie in vielen Fällen mit Nüssen, Steinsalz, Kakaonibs oder Rosinen veredeln, ist nach wie vor glasklar, was im Vordergrund ihres Wirkens steht: die Schokolade selbst. Kilianova und Close bieten ihre Bean-to-Bar-Schokoladen, die übrigens beinahe alle auch für Veganer:innen geeignet sind, mit einem Kakaoanteil zwischen 30 und stolzen 90 Prozent an. Dass dafür nur der beste Kakao von handverlesenen Produzenten zum Einsatz kommt, ist für sie unverhandelbar. Wer es ganz genau wissen will, kann auf jeder der liebevoll in dünne Pappe verpackten Tafeln nachlesen, die Bohnen welcher Kakaosorte in diesem Produkt verwendet wurden; ebenso ist immer deren Herkunft vermerkt. Und zwar nicht klein gedruckt auf der Rückseite, sondern ganz präsent auf der Front – man hat hier nichts zu verstecken.

Walnüsse aus dem Périgord, Piemonteser Haselnüsse, brontesische Pistazien und Kakao, Kakao, Kakao. Bei der Auswahl ihrer Rohstoffe überlässt das Duo nichts dem Zufall. Nur besondere Zutaten aus bewusst selektierten Regionen finden den Einzug in ihre Schokoladen. Dass sie dabei in vielen Fällen ganz besonders auf herkunftsgeschützte Bio-Produkte zurückgreifen, trägt zu dem einzigartigen Geschmackserlebnis bei, das ihre Schokoladen kreieren: „Regionalität ist uns sehr wichtig“, sagt Kilianova, „wir kaufen so viele Produkte wie möglich aus der Umgebung. Die Qualität muss dabei aber immer an allererster Stelle stehen. Und wer mal die Pistazien aus Bronte probiert hat, die am Fuß des Ätna auf Vulkangestein wachsen, wird feststellen, dass sie mit herkömmlichen Pistazien geschmacklich so gut wie gar nichts zu tun haben. Abgesehen davon, dass es ohnehin schwierig ist, in Deutschland Pistazienbauern zu finden, dürfen lokale Zutaten keine Entschuldigung für ein schlecht schmeckendes Produkt sein. Qualität und Geschmack sind für uns alles.“

Neben den Schokoladentafeln werden bei Kilian & Close auch noch kleinere Naschereien wie nussiges Gianduja, knusprig-zarte Kokos-Tablettes oder so genannte ‚Meltaways’ produziert, die – wie der Name schon sagt – nur darauf warten, zart im Mund zu zerschmelzen. Die äußerst stylishen, halbkugelförmigen Pralinen runden das Sortiment mit spannenden und verwegenen Geschmackskombinationen ab. Hier finden sich Altbekanntes wie Mandel oder Mango-Maracuja, aber auch Experimentelles wie eine PBJ-Praline. Ja genau, der amerikanische Klassiker des Erdnussbutter-Marmelade-Sandwiches – nur eben als edle Praline mit Himbeergelee und Nougat aus wilden Erdnüssen.

Iveta Kilianova und Ciarán Seán Close sind nicht nur vielseitige Handwerker und kreative Köpfe, die ihr Produkt beherrschen wie wenige, sie verfolgen mit ihrem Schaffen auch eine klare Philosophie: „Wir verwenden nur Produkte von Menschen, mit denen es auch auf einer persönlichen Ebene passt. Dass die Qualität dabei immer das Wichtigste ist, steht außer Frage. Ich habe allerdings inzwischen die Theorie, dass wirklich toller Kakao auch nur von Menschen produziert werden kann, die wissen, wie man auch ethisch vertretbar mit der Pflanze und seinen Mitarbeitern umgeht. Mit höchst umweltschädlichen Plantagen oder Kinderarbeit würde das niemals funktionieren. Zumindest habe ich das noch nicht erlebt.“