Eckart Witzigmann, der “Jahrhundertkoch“

Liebe Leserin, lieber Leser,

was ist das eigentlich, ein „Jahrhundertkoch“? In jedem Fall eine kühne Behauptung, vielleicht eine Anmaßung. Jahrhundertfiguren entstehen nicht durch Juryentscheidungen, sie wachsen im Blick der Nachgeborenen aus dem Nebel der Vergangenheit – nicht selten von ihren Zeitgenossen verkannt.

Eckart Witzigmann ist eine der seltenen Ausnahmen, seine Bedeutung war nie wirklich umstritten. Abgesehen von einer kurzen Phase Anfang der Neunzigerjahre, deren hysterisch-bigotte Lächerlichkeit uns heute wie Satire erscheinen muss, galt er allen, denen er je begegnete – seinen Lehrmeistern Bocuse, Simon, Vergé, Troisgros und vor allem: Paul Haeberlin; seinen Schülern und seinen Gästen – als Personifizierung des großen Koches. Als der „Chef“ schlechthin.

Seit jenem 18. Februar 1965, an dem er dem Mittagszug in Colmar entstieg, um in Illhaeusern in Dienst und erstmals in Kontakt mit einer zeitgemäßen Spitzenküche zu treten, war sein Weg vorgezeichnet. Er führte ihn schließlich an den Ort, von dem aus er 1971 – gemeinsam mit Fritz Eichbauer – die entscheidende Weiche für das stellte, was man das „Deutsche Küchenwunder“ nennt.

Wäre es auch ohne ihn gegangen? Sicher. Genauso wie sich die Welt auch ohne Steve Jobs weitergedreht hätte. Aber eben anders. Durch sein Vorbild, sein Verständnis von großer Küche, seine Handschrift und seine Überzeugungen, vor allem aber: durch die riesige Zahl von Köchen, die durch seine Schule gegangen sind, prägte er die gastronomische Landschaft Deutschlands.

Dafür wurde Eckart Witzigmann unzählige Male geehrt. Mit dem Rang eines Chevalier des Arts et des Lettres durch den französischen Kulturminister Jack Lang, den Goldenen Verdienstzeichen der Bundesländer Salzburg und Wien, mit dem Artusi-Preis der Republik Italien für herausregende Kochkunst, der Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Bad Gastein und von Hohenems, dem Rang eines Commandeur der Association Internationale des Maîtres Conseils en Gastronomique Française, der Walter Scheel Medaille, dem Carl-Friedrich-von-Rumohr-Ring, einer Ehrendoktorwürde und einer Ehrenprofessur der Universität Örebro und, im Jahr 1994, der Ernennung zum „Koch des Jahrhunderts“ neben Paul Bocuse, Joël Robuchon und Frédy Girardet.

Jahre später hat Alain Ducasse die Bedeutung Eckart Witzigmanns so zusammengefasst: „Durch ihn hat der deutschsprachige Teil Europas seinen Eingang in die Geschichte der Haute Cuisine gefunden.“

Womit auch die Eingangsfrage abschließend beantwortet wäre, was das sei – ein „Jahrhundertkoch“? Im Falle von Eckart Witzigmann: eine Tatsachenbeschreibung. Und die beste Idee, die der Gault&Millau je hatte.

Christoph Wirtz
Chefredakteur Gault&Millau Restaurantguide


Aus Anlass des 80. Geburtstages lassen es sich einige seiner kulinarischen Wegbegleiter und Freunde nicht nehmen, Eckart Witzigmann mit einem kulinarischen Feuerwerk zu gratulieren: Im Juli 2021 präsentieren Marc Haeberlin, Matthias Hahn, Jan Hartwig, Martin Fauster und Tohru Nakamura im Salzburger „Ikarus“ ein Menü zu Ehren des „Chefs“. Hier das Rezept des fabelhaften Beitrags von Jan Hartwig: „Bayerische Forelle mit Linsen, Kräutern, Champignons und Molke“.

Zutaten

1 Forelle in Rapsöl gegart
10 Stück Forellenfilets zu je 50g
10 %ige Salzlake
1L Rapsöl
Salz
Limettenabrieb

2 Graupen
100g rote Linsen
1 Schalotte in Brunnoises
20g Apfelwürfel (in Apfelsaft vakumiert)
120g Staudensellerie
Weißwein
Gemüsebrühe
etwas weißer Forumessig
etwas Rapsöl
Salz
Pfeffer

3 Rohe Champignonscheiben
5 Stück Riesen Champignons
20 Stück Brickteigchips
1 El Champignonpulver

4 Champignoncreme
500g Champignons
Butter
Salz
Pichler
alter Balsamico
etwas Madeira

5 Molkesud
1L Molke
50g Butter
Salz
Limettensaft
1EL Rapsöl

Sonstige Zutaten:
Pro Teller 20g Saiblingskaviar
Schnittlauch
Estragon
Kerbel
Dill
Schnittlauchöl

Zubereitung

Bayerische Forelle in Rapsöl gegart mit Linsen, Kräutern, Champignons und Molke

1 Forellen 6 Min. in der Salzlake beizen und anschließend mit kalten Wasser abwaschen. Die
Forellenfiles in 48°C warmem Rapsöl Julabo 55°C) glasig garen. Kurz unterm Salamander und
die Haut abziehen. Auf einem Tuch ab fetten, mit etwas Salz und Limettenabrieb würzen.

2 Linsen und Schalotte in dem Öl anschwitzen und mit etwas Weißwein ablöschen.

Mir etwas Gemüsefond auffüllen und mit leichten Biss garen. Apfel – und Staudenselleriewürfel
untermischen und mit Essig, Salz und Pfeffer abschmecken.

3 Die Champignons dünn aufschneiden und rund ausstechen,

Pro Teller werden 2 Scheiben benötigt. Jeweils eine Scheibe pro Teller mit getrocknetem
Champignonpulver (aus den Resten) bepudern und auf die Brickteigchips setzen.

4 Champignons putzen und in Scheiben schneiden. In etwas Butter anschwitzen, mild salzen und
Pfeffer und etwas saften lassen.

Die Flüssigkeit einkochen und die Pilze im Thermomix zu einer glatten Creme mixen.
Abschmecken mit Balsamico und etwas Madeira. Evtl. nochmal würzen mit Salz und Pfeffer.

5 Die Molke auf 300ml reduzieren und mit den restlichen Zutaten zu einer leicht säuerlichen Sauce aufmixen.

Anrichten: Champignoncreme und Linsen in der Tellermitte anrichten und die Forelle obenauf setzen.
Champignonscheiben auflegen. Sud mit Kaviar, Kräutern und dem Schnittlauchöl und Rapsöl
angießen.


Foto: Philipp Horak

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