Gold – Silber – Bronze: Gault&Millau Sommelier des Jahres Christophe Meyer stellt seine aktuellen Lieblingsweine vor

Bereits mit 16 Jahren entdeckte Christophe Meyer die Leidenschaft für den Wein. Ein Gastro-Praktikum im Burgund, der Besuch zahlreicher Weingüter sowie erste Arbeitserfahrungen in Saint-Émilion und im Elsaß brachten den gebürtigen Straßburger immer näher in Kontakt mit dem Produkt. Heute ist der 45-Jährige nicht nur Chef-Sommelier im gefeierten Hotel Dollenberg in Bad Peterstal-Griesbach und dessen Spitzenrestaurant Le Pavillon, sondern auch der Gault&Millau Sommelier des Jahres 2022.

Für uns holt er seine drei aktuellen Lieblingsweine aus dem Keller.

BRONZE

Bargylus Rouge 2014 – Bargylus

Syrien ist eines der Länder mit der ältesten Reb- und Weinkultur der Welt – viel älter als es die europäische ist. Hinter dem Weingut Bargylus im syrischen Hochland steht eine spannende, wenngleich höchst traurige Geschichte. Die Brüder Sandro und Karim Saadé leiten seit Kriegsausbruch 2011 ihr nahe der Küstenstadt Latakia auf 900 Metern über NN gelegenes Weingut per Telefon aus ihrer Beiruter Zentrale – aus Sicherheitsgründen. Einige kurz vor der Reife stehende Trauben werden gekühlt per Taxi an die libanesische Grenze gebracht, wo die Saadé-Brüder sensorische Prüfungen vornehmen und Entscheidungen für deren Vinifikation treffen können. Dabei steht ihnen der aus Bordeaux bekannte Weinberater Stephan Derenoncourt unterstützend zur Seite. Der Wein selbst ist von unglaublicher Dichte und aromatischem Reichtum. Nase und Gaumen sind von konzentrierten roten Früchten, schwarzer Kirsche, schwarzer Johannisbeere und Pflaumenmarmelade imprägniert; ganz zu schweigen von Gewürzen, Zimt und Lebkuchen.

Eine Einladung zum Reisen und zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Weins. Eine Stunde vor dem Servieren dekantieren.

SILBER

2020 Sauvignon Blanc & Sauvignon Gris – Schloss Ortenberg

Ein tolles Experiment des Weinguts Schloss Ortenberg in Offenburg: Der Zusammenschluss zweier Rebsorten aus der gleichen Familie, die sich aber dennoch unterscheiden. Sauvignon Blanc (60%) zeigt seine ganze Intensität in einer Nase von Zitrone, Zitrusfrüchten und schwarzer Johannisbeere. Sauvignon Gris (40%), eine Rebsorte, deren Vorkommen eher auf die Region Bordeaux beschränkt ist, steuert Textur und Farbe bei. Der Gaumen ist geprägt vom Spiel beider Rebsorten: Der erste Eindruck zeugt von einem offenen und erfrischenden Wein, an dessen Seite sich bei genauerer Beobachtung eine deutlich reichere und cremigere Geschmackswelt stellt.

Wer es lieber frisch mag, trinkt ihn jetzt, in drei bis fünf Jahren wird sich der Sauvignon Gris mit all seinem Schmelz in den Vordergrund stellen.

GOLD

Le Jardins de Babylone 2015 – Domaine Didier Dagueneau

Die französische Region Sud-Ouest bietet regelmäßig schöne Überraschungen. Viele Weine werden aus einheimischen Rebsorten gekeltert, die Weinliebhaber staunen lassen. Im Jahr 2002 begann der Loire-Winzer Didier Daguenau, bekannt für den Pouilly Fumé „Silex“, ein Projekt in der Südwestregion: den Jurançon. Die regionale Rebsorte Petit Manseng drückt sich mit einer Perfektion aus, die mir Gänsehaut bereitet. Goldene Farbe, reiche Textur und eine blumig-kräuterige Nase treffen auf Noten von Rhabarber und Walderdbeeren. Am Gaumen geschieht eine Explosion komplexer und ausgewogener Aromen zwischen Süße und Frische. Am besten ist dieser Wein mit einem Rhabarber-Dessert mit Erdbeeren und weißer Schokoladencreme zu genießen.

Entweder trinken Sie ihn jetzt, nach einer Stunde im Dekanter, oder warten weitere fünf Jahre, wenn nicht gar länger.

Text: Nick Pulina

Foto: Florian Reimann