„Ich will kein Winemaker, sondern ein Bauer sein“

Die Gault&Millau Hall of Fame 2022: Weingut Egon Müller

Liebe Leserin, lieber Leser,

in unserem aktuellen Buch „Die besten Weine Deutschlands 2022“ haben wir erstmals in der langen Geschichte unserer Wein-Guides Deutschland zehn Weingüter mit der absoluten Höchstbewertung von fünf roten Trauben ausgezeichnet. Diese Winzer und ihre Erfolgsgeschichten möchten wir Ihnen in unserem Newsletter vorstellen. Heute geben wir Ihnen einen Einblick in das Weingut Egon Müller in Wiltingen an der Saar.

Von der ehemaligen Kaiserstadt Trier sind es nur knapp zehn Kilometer in den kleinen, aber feinen Weinbauort, wo ein Mann derart erlesene Weine produziert, dass er in der Weinwelt immer wieder ehrfurchtsvoll als „Kaiser des deutschen Weinbaus“ geadelt wird. Egon Müller IV., die Reben-Majestät vom Scharzhofberg.

Am Sitz seines Weinguts Scharzhof, eines historischen Anwesens, das seit 1797 im Besitz der Familie ist, steht Egon Müller persönlich in der Tür. Leger gekleidet, als käme er direkt aus dem Weinberg, mit freundlich blitzenden Augen vermittelt seine ganze Erscheinung, dass es hier nicht um eine Audienz geht, sondern um ein gutes Gespräch über den Wein und das Leben.

Die große Zeit der Saar-Weine, in der Müllers Urgroßvater mit dem Verkauf eines Fasses die Kosten eines ganzen Jahres decken konnte, scheint dennoch in Egon Müllers DNA verankert zu sein. Längst vergoldet auch er seine Weine, und Investoren aus der ganzen Welt lagern sich ein Egon Müller’sches Gewächs als Wertanlage im Weinkeller ein. Trotzdem glaubt man diesem Ausnahme-Winzer gerne, dass es ihm vorrangig um den Stellenwert der besonderen Tropfen dieser Region und speziell jener vom Scharzhofberg geht.

Denn der Wein, so Egon Müllers Credo, macht sich nach gewissenhafter Arbeit des Weinbauern im Weinberg fast von selbst. Und wenn man ihn fragt, wie viel von seiner Persönlichkeit und Philosophie in seinen Weinen steckt, fällt ihm die Antwort leicht: „Gar nix. Ich bin die sechste Generation, die hier am Werk ist – und alle machten Weine, die an der Spitze von dem waren, was in diesem Gebiet gemacht wurde. Also ehrlich: Dass aus einer Familie in Serie sechs übermäßig fähige Leute gekommen sein sollen, das ist ja nicht so wahrscheinlich.“

Für ihn macht der Berg die Qualität aus, dieser Scharzhofberg mit seinem Schieferboden, seiner ruhmreichen Historie und der inzwischen wieder weltweit wirksamen Strahlkraft. „Wichtig ist allein, dass der Weinberg vor allem anderen kommt und dass man ihm vertraut. Man darf nicht sagen, da muss ich noch etwas machen, damit es besser schmeckt, sondern die Dinge so lassen, wie sie sind. Ich will kein Winemaker, sondern ein Bauer sein.“

Ein Bauer im ewigen Wechselspiel mit der Natur, die ihm, wie er sagt, guter Freund oder erbitterter Gegner sein kann: „Das Wetter bestimmt, was ich mache, und wenn es gut läuft, dann erledigt die Natur die ganze Arbeit für mich. Aber es kommt ebenso vor, dass ich ihr meine Weine regelrecht abkämpfen muss. Deshalb ist für mich der wichtigste Parameter für Erfolg, wenn ich im Weinberg im richtigen Moment das Richtige gemacht habe.“

Seit sechs Generationen werden die Geschicke des Weinguts von den Söhnen der Familie fortgeführt. Was wäre aber passiert, wenn Egon Müller am Wein nicht interessiert gewesen wäre und somit auch die Namenserbfolge unterbrochen hätte?

„Gar nichts“, schmunzelt er, „meine beiden Brüder heißen mit zweitem Namen auch Egon. Da hat sich der Vater schon abgesichert.“ Er sich übrigens auch. Denn die Frage, wie sein 21-jähriger Sohn heißt, muss man wirklich nicht stellen.

Ihr

Gault&Millau Deutschland

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