„Das Unverfälschte ist das wertvollste Gut“

Die Gault&Millau Hall of Fame 2022: Weingut Bernhard Huber

Liebe Leserin, lieber Leser,

in unserem aktuellen Buch „Die besten Weine Deutschlands 2022“ haben wir erstmals in der langen Geschichte unserer Wein-Guides Deutschland zehn Weingüter mit der absoluten Höchstbewertung von fünf roten Trauben ausgezeichnet. Diese Winzer und ihre Erfolgsgeschichten möchten wir Ihnen in unserem Newsletter vorstellen. Heute geben wir Ihnen einen Einblick in das Weingut Bernhard Huber im badischen Malterdingen im Breisgau.

Gelenkigkeit, Geduld und die Fähigkeit, mucksmäuschenstill in ein und derselben Position zu verharren – das waren die Voraussetzungen, die Julian Huber, Chef des Weinguts Bernhard Huber, für seine erste Weinverkostung zu erfüllen hatte. Er musste dafür nämlich mit seiner Schwester unter den schweren Tisch in der Probierstube des elterlichen Guts kriechen und dort regungslos warten, bis die Gäste endlich den Heimweg antraten. Erst dann kroch das Geschwisterpaar unter dem Tisch hervor und nahm kleine, verbotene Schlucke von den Resten in den Gläsern.

Gerade einmal zwei Jahrzehnte ist dieser Kinderstreich her, aber passiert ist in dieser Zeit so viel, dass Julian als Anfang-Dreißiger schon über einen Erfahrungsschatz verfügt, für den die meisten deutlich älter werden müssen. Aber am 11. Juni 2014 starb sein Vater Bernhard Huber an Krebs. Aus dem Leben gerissen am Zenit seines Erfolgs, den Kopf noch prall gefüllt mit Ideen für die Weiterentwicklung seines Lebenswerks, an das er auch seinen Sohn so gern bedächtiger und mit kleineren Schritten herangeführt hätte. So musste aber alles sehr schnell gehen.

Bernhard Huber, das stand nämlich – und steht immer noch – für eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Kein Wunder also, dass da ganz genau geschaut wurde, wie der Junior die Sache anpacken und ob er das große Erbe als Bewahrer oder Revoluzzer antreten würde. Julian Huber ging es schlau an – und machte beides. Er hielt die große Liebe seines Vaters zum Spätburgunder hoch sowie auch dessen größte Ambition, einen Malterdinger aus dem Glas herausriechen zu können. „Es geht mir nicht darum, Kilos vom Hektar runterzuholen, sondern Terroir in die Flasche zu kriegen. Das Unverfälschte ist das wertvollste Gut, das wir haben, und diese Weinberge und diese Bedingungen gibt es nur hier.“

Aber er krempelte auch einiges um, und das war nicht nur dem Zeitgeist geschuldet, sondern auch dem Führungsstil seines Vaters: „Er war einer, bei dem alle Fäden zusammenliefen.“ Julian baut hingegen mehr auf tatsächliches Teamwork.

Auch bei den Weinen hat er seine eigenen Ideen. Und wenn er sagt, dass alles „ein wenig minimalistischer“ geworden sei, bedeutet das, dass er die klassisch badische Weinkarte mit 20, 25 Weinen auf nur noch vier bis fünf reduziert hat. Von Sorten wie Muskateller oder Müller-Thurgau hat er sich getrennt, und letzten Endes sollen in den Weinbergen überhaupt nur noch Spätburgunder und Chardonnay übrig bleiben.

Es ist Julian Huber mit allen seinen eigenen Ideen wichtig, die großen Zielsetzungen seines Vaters hochzuhalten. So wie für ihn auch außer Diskussion steht, dass das Weingut stets „Bernhard Huber“ heißen wird: „Es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, diesen Betrieb in seinem Namen so gut wie möglich zu führen und so hoch wie möglich leben zu lassen. Denn es geht hier letztlich darum, seinen Namen zu ehren.“

Ihr

Gault&Millau Deutschland