Unser Chefredakteur des Restaurantguides, Christoph Wirtz, erinnert sich an ein Noma vor vielen Jahren und gibt einige Alternativen

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TEXT Christoph Wirtz | FOTOS Noma Impressionen

Am Flughafen Basel herrschte Chaos, mein Abflug verschob sich um vier Stunden, Zeit für ein Abendessen in einem Landgasthof in Südbaden. Irgendwann in der zweiten Hälfte des vorletzten Jahrzehnts muss es gewesen sein. Am Nebentisch saß ein Däne, ein Vertreter für Schultafeln. Wir kamen ins Gespräch und schnell auf ein gemeinsames Thema: Restaurants. Ich müsse unbedingt bald mal nach Kopenhagen reisen, beschwor er mich, da seien verrückte junge Leute am Start – in einem alten Backsteinhaus am Hafen.

Merkwürdige Dinge gebe es da, Wurzeln und Fischinnereien, Eingelegtes, Getrocknetes, lauter interessante Sachen. Ein paar Tage später saß ich im Flugzeug nach Norden, eine Reservierung hatte ich problemlos bekommen: im Noma, lange, bevor der Hype so richtig losging. Warum er entstand, das war sofort klar. René Redzepi – gemeinsam mit seinem oft vergessenen Partner Claus Meyer – hatte eine gastronomische Sensation geschaffen: radikaler Fokus auf die Regionalität, Perfektionierung alter Techniken der Haltbarmachung und Verarbeitung von Lebensmitteln, größtmögliche Ausdehnung des Produktspektrums.

Was Magnus Ek auf der schwedischen Insel Oaxen, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, schon knapp ein Jahrzehnt vorher begonnen hatte, brachte das Noma zum Durchbruch: Die neue nordische Küche. Klar, unverwechselbar, selbstbewusst. Und genauso, wie er es eröffnete, schließt René Redzepi jetzt das Kapitel: konsequent. Wie Ferran Adrià will er sich künftig um die ganz großen Fragen kümmern, um die Lösung der unzähligen Probleme, mit denen die Spitzengastronomie vom Personalmangel über die Arbeitszeiten bis zur Bezahlung zu kämpfen hat.

2025 soll das Noma in ein „giant lab“ transformiert werden, gelegentliche Pop-ups sollen dazugehören. Wer es bis Ende des nächsten Jahres nicht nach Kopenhagen schafft, muss dennoch nicht verzweifeln. René Redzepi hat eine Entwicklung angestoßen, deren Wirkung man inzwischen an vielen Orten erleben kann. Man findet sie in den großen Einmachgläsern, die heute dekorativ im Rutz in den Regalen stehen, man findet sie im Konzept des Nobelhart und Schmutzig, des etz in Nürnberg. Und in Marcel Görkes Heimatjuwel in Hamburg, unserem Restaurant der Woche.